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Wanderung auf dem Jakobsweg

 

6 Juni bis 16Juni 2005   

 

Köln – Brühl 06.06.05 1. Tag

 

 

„Frau stürzt von Brücke, Mann fängt sie auf.“ Dieser Satz einer Boulevardzeitung begleitet mich seit heute vormittag durch die Stadt.

Ich bin spät losgezogen, heute habe ich es nicht eilig und um kurz vor zehn Uhr steige in den Bus um von Widdersdorf zum Kölner Dom zu fahren.

In der Nacht habe ich schlecht geschlafen. Die Wanderung geisterte durch meine Träume und Gedanken. Wird alles so sein wie ich es mir wünsche? Werde ich das auch ganz allein schaffen und was ist mit meinem linken Fuß der mich Ostern zum Aufgeben gezwungen hatte?

Im Dom fallen mir wieder einmal die vielen Touristen auf und eigentlich wollte ich nach der Figur des heiligen Jakobus fragen, lasse es dann aber und gehe nur einmal durch die für mich schönste Kathedrale der Welt.

Ich bin gespannt auf die Ereignisse dieser Reise und in Gedanken schon bei dem

Jakobsweg in Spanien. Den möchte ich im nächsten Jahr gehen.

Dann werde ich nach fünf Wochen vor der Kathedrale von Santiago de Compostela stehen. Ich denke mit ganz anderen Gefühlen als jetzt im Kölner Dom. Nach dem Rundgang und meiner obligatorischen Kerze vor der Muttergottes gehe ich hinüber zum Domforum und dort in den ersten Stock. Im Pfarramt stempelt mir eine nette Frau den Pilgerpass ab. Kurz fragt sie noch nach dem wohin und als ich sage Trier, lächelt sie mich an und wünscht mir einen guten Weg.

Da ist Gott sehr weit weg, auch wenn das ganze im Pfarramt geschieht. Mir ist es recht und ich mache mich auf den Weg.

Ich hatte lange überlegt an welchem Ort ich beginnen möchte und mich dann für den Dom entschieden. Eigentlich beginnt der Weg aber mit dem ersten Schritt vor die Haustür.

 

Ein Vers aus dem Herrn der Ringe fällt mir ein:

 

Die Straße gleitet fort und fort,

Weg von der Tür, wo sie begann,

Weit über Land von Ort zu Ort,

Ich folge ihr, so gut ich kann.

Ihr lauf ich müden Fußes nach,

Bis sie sich groß und breit verflicht

Mit Weg und Wagnis tausendfach.

Und wohin dann? Ich weiß es nicht.

 

 

Ich weiß, dass der erste Tag kein schöner werden wird und die Stadt bestätigt das sofort. Der Sraßenlärm ist für mich, die im Außenbezirk von Köln wohnt ohrenbetäubend und die Autos verpesten die Luft.

Ich komme an Kneipen vorbei die noch nach dem Bier der letzten Nacht riechen und doch schon wieder von Gästen besetzt sind.

Da ist nichts von Natur oder Vogelgesang.

Weiter geht’s, vorbei an der Schlagzeile mit der Frau und der Brücke.

Warum sie wohl gesprungen ist?

Ich sitze inzwischen im Park und der Regen wird stärker, ich ziehe den Pullover unter der Regenjacke aus und das Regencape über den Rucksack.

 

Brühl - Euskirchen d. 07.06.05     2. Tag

 

Es ist erst kurz nach fünf Uhr, aber aus irgendeinem Grund kann ich nicht mehr schlafen.

So oft wie am letzten Tag habe ich mich selten umgezogen. Das Wetter war einfach grauenhaft, da es sich nicht entscheiden konnte. Kaum hatte ich die Regenjacke an schien die Sonne, also Rucksack runter und dünnen Pulli an, sofort kam Wind auf und es regnete. Das wäre nicht so schlimm, müßte ich nicht jedes mal den Rucksack runter nehmen.

Ein wenig bin ich gestern völlig in Gedanken gelaufen. Ich muß in Sülz am Weißhaus vorbeigekommen sein. Habe es aber genauso wie St. Pantaleon in Köln nicht wahr genommen.

Montag ist auch ein schlechter Tag. Die Kirchen sind zumeist alle geschlossen. Montag hat der liebe Gott Ruhetag.

Ich bin bis Brühl gelaufen und habe mich dann nachmittags in ein Kaffee gesetzt um ein Zimmer zu suchen. Mit weniger Erfolg. Die günstigen Übernachtungsmöglichkeiten waren alle vergeben und einer vermietete gar nicht für eine Nacht.

Warum er dann im Übernachtungsverzeichnis „ Jakobswege im Rheinland“ steht ist mir ein Rätsel.

Habe dann ein Zimmer für 35 € gebucht. Als ich jedoch dort ankam war die Unterkunft mehr als fragwürdig. Ich bin also wieder gegangen.

Das war aber, dass einzige Mal das ich auf die Empfehlung des Verzeichnisses nicht zählen konnte

Die Straße runter und trotz meiner Bedenken wegen der Kosten in`s Hotel.

Als ich dort in die Gaststube kam, wurde ich wegen der Jakobsmuschel, die an meinem Rucksack befestigt war, gleich als Pilgerin erkannt und freundlich begrüßt. Auf Drängen der Anwesenden und weil er selbst gern wandert ging der Wirt dann auch noch um zehn Euro mit dem Preis runter. Ich habe aber trotzdem über den Preis von fünfzig Euro geschluckt.

Aber was tut man nicht alles, wenn die Füße schmerzen und man nicht weiter laufen will.

Das Zimmer ist sauber und ganz nett. Nur das ich um Strom am Bett, zu haben im Flur das Licht anlassen muß, fand ich dann doch ganz witzig.

Nach dem Auswaschen der Wäsche und einer ausgiebigen Dusche habe ich dann ein hervorragendes, hausgemachtes Gulasch genossen und Fritz kennengelernt.

Fritz ist 67 Jahre, Rentner und hat ein Haus in Brühl.

Da er am Waldrand wohnt, bekommt er öfter Besuch von Wildschweinen, was seinem Garten weniger gut bekommt.

Außer von dem Borstenvieh bekommt er wohl wenig Besuch und ist viel allein.

Lange sprechen wir noch über meine Motive, den Jakobsweg zu gehen und ob er zum Kirchentag nicht einfach Jugendliche in sein Haus einladen soll. Ich rede ihm gut zu. Ich hoffe, er tut es und hat dadurch eine weniger einsame Zeit.

Zum Schluß bot er mir noch ein kostenfreies Zimmer für die Nacht an. Das habe ich dann aber abgelehnt und bin in mein Hotelzimmer gegangen.

Einen lieben Gruß an Fritz und „ Bon Camino“.

Ich bin auf den heutigen Tag gespannt. Vielleicht sehe ich heute mehr von den Sehenswürdigkeiten am Wegesrand.

 

„Hey hast du das gesehen Alter? Das ist ja krass“

Aussage eines Jugendlichen, nachdem ich ihm erklärt habe

„ ob das ein Sport ist „ den ich da betreibe.

Gemeint waren meine beiden nordic walking Stöcke die ich bei der Wanderung benutze.

Er hatte zwar, obwohl er in Brühl wohnt, keine Ahnung, wo Trier liegt, aber dass es weit weg ist und ich dahin wandere und das auch noch mit Stöcken, hat ihn wohl mehr als erstaunt.

Den kleinen Abstecher zur Jakobskirche in Brühl Badorf habe ich mir nicht nehmen lassen.

Den Pilgerstempel erhält man wirklich im Metzenmacher Weg Nr. 14, oder falls jemand in der Kirche ist, dort.

Ich finde es super, dass sich eine Familie bereit erklärt, diesen Stempel zu verwalten und ihn an der eigenen Haustür an die Pilger abzugeben.

Jetzt hab ich doch das erste Blasenpflaster gebraucht und der linke Fuß macht mir jetzt doch Sorgen. Ein wenig schmerzt er nun doch, aber wenn es nicht schlimmer wird, ist es noch in Ordnung.

Im Wald vor Weilerswist habe ich einen freundlichen Jäger getroffen, der mir dann soviel von den Wildschweinen und ihrer Angriffslust um diese Jahreszeit erzählt hat, dass ich hinter jedem Strauch einen Eber in Angriffsstellung vermute und auf jedes Rascheln achte.

Allerdings bin ich ohne Blessuren aus diesem gefährlichen Wald wieder herausgekommen und der Jäger schmunzelt wahrscheinlich heute noch über die Wanderin aus der Stadt.

Die Beschilderung des Weges wird immer schlechter und ich habe schon drei mal meinen Kompaß benutzt, immer Richtung Süd- Westen muß es gehen.

In Weilerswist habe ich mir die St. Mauritius Kirche angesehen. Sie ist 1766-1772 im Barockstil errichtet worden und beherbergt die ebenfalls barocken Figuren der hl. drei Jungfrauen Fides, Spes und Caritas. Eine der Glocken trägt eine Inschrift, in der auf Jakobus hingewiesen wird. Leider kann ich nicht lange bleiben, da wohl eine Beerdigung stattfinden soll. So störe ich nicht weiter und gehe meines Weges.

Ich laufe runter zur Erft und folge dem Flußlauf.

Die Etappe Brühl – Euskirchen ist mit 28 km eigentlich etwas lang für die ersten Tage und ich hatte gedacht, dass es zwischen Weilerswist und Euskirchen noch eine Übernachtungsmöglichkeit gibt. Wenn es sie gibt, so habe ich sie nicht gefunden.

Das mit dem heraus suchen des Bettes für die Nacht muß ich noch perfektionieren. Im Moment kostet mich das einfach zu viele Kilometer zusätzlich, die ich auf der Suche nach einer Unterkunft laufe. Ich habe in Derkum und Ottenheim gesucht, aber nichts gefunden.

Nicht einmal etwas wo ich hätte fragen können. Also, durch bis Euskirchen.

Aber auch dort verstecken sich die Hotels. Als ich dann endlich eines gefunden habe, war dieses ausgebucht. Sagte jedenfalls der Mann an der Rezeption.

Ob es stimmt? Jedenfalls hat er mich an eine Gaststätte um die Ecke vermittelt.

Diese ist ganz in Ordnung und die Wirtin ist eine Seele von Mensch.

Sie ist auch diejenige, die mir erklärt, dass Wanderer nicht in allen Hotels gern gesehen sind. Aha, denke ich nur und gehe hinter ihr her, die Treppe rauf.

Abends esse ich in der Gaststätte und erlebe auch noch, wie der Stammkundschaft ganz persönlich und mit Ständchen zum Geburtstag gratuliert wird.

 

Euskirchen – Bad Münstereifel d. 08.06.05     3. Tag

 

Die Socken, in denen ich mir gestern zwei Blasen gelaufen habe, sind heute im Müll gelandet. Damit habe ich sichergestellt, dass mir das nicht noch mal passiert und gleichzeitig Gewicht reduziert.

Allerdings sind meine gewaschenen Sachen von gestern abend nicht ganz trocken geworden. Ich werde sie heute mittag in die Sonne legen. Jetzt bewährt sich, dass ich noch einen der Ordnungsbeutel aus Kunststoff mitgenommen habe. Darin habe ich die feuchte Wäsche erst mal verstaut.

Heute Morgen scheint die Sonne und ich habe richtig Lust aufzubrechen.

Ich werde mir meinen Stempel in St. Martin abholen und ab durch die Mitte.

Zwischendurch werde ich noch irgendwo Wasser einkaufen müssen. Ca. einen Liter fülle ich jeden Morgen in den Trinkbeutel, der mit einem Schlauch versehen ist so, dass ich immer direkt trinken kann und nicht umständlich eine Flasche hervorkramen muß.

Heute rächt sich ein wenig der gestrige Tag mit seinen achtundzwanzig Kilometern. Irgendwie grinst mich jede Bank am Wegesrand an und scheint mich leise zu rufen. Ab und zu kann ich dann nicht widerstehen und enttäusche sie nicht.

Das Pfarramt hatte auch zu und so habe ich mir mit einigem Fragen den Weg zur Herz-Jesu-Kirche und dem dortigen Pfarramt gesucht.

Die Frau dort war sehr hilfsbereit und es folgte ein nettes Gespräch.

Nach einem kleinen Einkauf ging es dann aber wirklich Richtung Bad Münster-eifel.

Die nächste St. Martins Kirche folgt auf dem Weg in Stotzheim.

Sie war bis zur zweiten Tür zu betreten. Ich konnte nur durch die Glasscheibe den Innenraum sehen.

So gern hätte ich mir den heiligen Rochus genauer angesehen. Es wird erzählt, dass dieser französische Edelmann (1295- 1327) seine Pilgerfahrt nach Rom unterbrach um Pestkranke in Oberitalien zu pflegen. Ich denke eine in der damaligen Zeit sehr noble aber auch gefährliche Tat.

Prompt wurde er selbst mit der Pest infiziert und als er sich in eine Höhle zurückzog rettete ihn der Hund eines Jägers, der ihm Brot brachte.

Deshalb wird Rochus als Pilger mit Pelerine und Muschel sowie einem Hund zu seinen Füßen dargestellt. Ich hatte zu Beginn meiner Reise gedacht, dass immer nur der heilige Jakob mit Muschel, Stab und Pelerine dargestellt wird. Aber weit gefehlt, es gibt noch einige andere und den Jakobus da raus zu lesen ist für mich dann doch schwierig.

Ich verlasse mich auf den Reiseführer werfe einen kurzen Blick auf den Heiligen, der in der Kirche an der zweiten Säule von links auf seinem Podest steht und suche den mit der Muschel gekennzeichneten Weg.

Ich träume während des Weges so vor mich hin, was dazu führt, dass ich schon ein- zweimal den Abzweig verpaßt habe.

Mehrkilometer die dazu kommen und gelaufen werden müssen. Ich verspreche mir selber besser aufzupassen.

Kurz vor Kirspenich kommt man den Hügel hinunter und schaut zum ersten mal auf die Hügel der Eifel. Ab jetzt wird es mehr Höhen zu erklimmen geben, waren die Wege der letzten zwei Tage doch recht eben.

Auch die Kirche St. Bartholomäus ist leider geschlossen, so dass ich vor dem Gotteshaus eine längere Rast mache und mein T-Shirt in der Sonne trocknen kann. Meinen BH auf den Kirchenstufen zu trocknen wage ich dann doch nicht.

Nach dem streßigen Laufen in der Stadt Köln fällt mir nun auf wie ruhig es hier ist.

 

Bad Münstereifel – Blankenheim 09.06.05 4. Tag

 

Gestern bin ich schon früh in Bad Münstereifel angekommen. Ich hatte es besser gemacht und schon auf den Stufen von St. Bartholomäus per Handy ein Zimmer im Landgasthof bestellt, so dass ich, als ich ankam, ohne langes Suchen mein Zimmer beziehen konnte.

Nachmittags habe ich mir ein dickes Eis und abends ein Bier mit „Saison typischem“ Grünkohl genehmigt. Dies in der Bad Münstereifler Brauerei, in der ich auch schon Ostern gegessen habe. Das Schwarzbier ist einfach lecker, hat aber wohl einiges an Alkoholgehalt so das ich ein wenig bierselig in mein Bett falle.

Ich bin schon zu Ostern den Pilgerweg von Bonn aus gelaufen. War aber nur mit Schmerzen und Unterbrechungen bis Kronenburg gekommen.

Mein linker Fuß war überlastet und wollte nicht mehr mitmachen. So hat mich mein Freund Olaf in Roderath abgeholt und mich erst mal auf sein Sofa plaziert. Damals war ich noch zu untrainiert und hatte viel zu viel Gepäck. Ich hatte sogar mein Strickzeug eingepackt. Völlig unnötig und somit diesmal zu Hause geblieben.

Am Abend ging das Telefon und unser Freund Torsten rief an. Er hätte Zeit mit- zuwandern und so konnte ich es nicht lassen. Olaf mußte uns also am nächsten Tag nach Roderath bringen und uns an der Stelle wieder absetzen, an der er mich vorher abholen mußte. Ich glaube, er hat schon ein wenig den Kopf geschüttelt als er sich wieder auf den Heimweg machte.

Wir sind dann über Blankenheim nach Kronenburg noch zwei Tage unterwegs gewesen.

 

Blankenheim – Kronenburg 10.6.05    5. Tag

 

Gestern habe ich in Roderath Bernd getroffen. Er will noch einen Monat unterwegs sein. Ich beneide ihn um die Zeit, die er hat.

Ein bemerkenswerter Zufall, dass ich ab genau der Stelle, an der mich das letzte Mal Torsten begleitet hat, ich jetzt wieder einen Begleiter habe. Er ist 57 Jahre, Gymnasiallehrer für Wirtschaft und Geschichte und wir haben uns sehr gut unterhalten. Bis Blankenburg hat das irgendwie den Weg sehr verkürzt. Untergekommen sind wir im Brüsseler Höfchen. Dort hatten Torsten und ich schon beim letzten Mal gut genächtigt.

Der freundliche Pfarrer war gern bereit, obwohl das Pfarramt schon geschlossen war, unsere Pilgerpässe abzustempeln. Extra mit dem Pilgerstempel vom Blankenheimerdorf. Eigentlich führt der Pilgerweg nämlich über diese Strecke.

 

Ab heute gehe ich wieder allein. Bernd bekommt Besuch von einem Freund und will mit diesem gehen. Es war schön, den Rest des Weges gestern zu zweit zu laufen, aber heute wieder allein zu sein ist mir eigentlich lieber. Ich bin extra allein losgegangen um von niemandem abhängig zu sein und zur Ruhe zu kommen. Gedanken nachhängen zu können und um tun und lassen zu können, was ich möchte.

Ich habe es im nachhinein auch nicht bereut.

 

Gestern hatte ich im Wald eine Begegnung mit einem Fuchs. Er kam von der rechten Seite aus dem Wald, sah mich und verschwand wieder. Kurz danach kam er noch mal und lief nach links über den Weg. So schön es war, das Tier zu sehen, erinnerte ich mich doch an die Erzählungen der Pilger über wilde Hunde am Camino. Füchse, die zu zutraulich sind könnten auch krank sein. Also habe ich vorsorglich meine Stöcke in die eine Hand und einen dicken Stein in die andere genommen. Den Fuchs habe ich aber nicht wieder gesehen.

Zwei neugierige Hasen hoppelten kurz danach längere Zeit vor mir auf dem Weg. Als ich kurze Zeit später Rast machte, verschwanden sie dann nach einiger Zeit im Wald, nicht ohne sich vorher umzuschauen und mir zuzunicken.

 

Wir waren gestern schon früh in Blankenheim und das hat meinen Füßen wirklich gutgetan. Blasen habe ich nur wenige und das nur an den kleinen Zehen.

 

Seit 8 Uhr bin ich jetzt unterwegs und es geht gut voran. Unterwegs habe ich zwei Radfahrer getroffen, die allerdings nicht auf dem Jakobsweg, sondern auf einem Radweg nach Trier fahren. Sie sind nett und wir unterhalten uns ein wenig. Es sind Vater und Sohn und der Sohn ist so klug gewesen sich ein Fahrrad ohne Gepäckträger zu kaufen. So muß der arme Vater alles mit auf sein Fahrrad laden und schnauft dann doch heftig neben mir her den Berg hinauf.

Die beiden werden wohl einiges früher als ich in Trier sein.

 

Die Gegend wird immer einsamer und die Begegnung mit Tieren um so häufiger.

Hasen hoppeln durch das Feld und ich hatte gehofft ein Reh zu sehen. Dafür war ich aber heute morgen sicherlich schon zu spät. Die Sonne scheint, aber es ist leicht dunstig und ich hoffe, dass es nicht regnet. Die Kapelle St. Dionisus war mal wieder zu. Dabei hätte ich mir gern den hl. Bartholomäus angesehen, er trägt seine Haut über den Arm wie einen Mantel. Er weist damit auf sein Martyrium hin, bei dem ihm bei lebendigem Leib die Haut abgezogen wurde.

Ich frage mich wer dies wohl gemacht haben könnte? Es ist sicher in der Bibel nachzulesen.....

Die katholische Kirche ist in ihren Darstellungen schon ganz schön grenzwertig.

Der junge Mann vom Dienstag hätte sicherlich „voll Krass “ gesagt.

Gestern hatte ich gelesen, dass es in Dahlen Bassen eine Pilgerherberge gibt. Habe dort angerufen und nach den Kosten für eine Nacht gefragt. Nach der Auskunft, dass es 30 € kostet, habe ich mich dann doch für eine genauso teure Pension unten in Kronenburg entschieden.

Das Wetter ist heute wechselhaft und kann sich wohl nicht entscheiden, ob es regnen soll.

 

Kronenburg - Prüm 11.06.05   6. Tag

 

Zwei Kilometer vor Kronenburg habe ich die anderen beiden getroffen und wir sind gemeinsam über Baasem nach Kronenburg gegangen.

Die Kirche St. Maria Geburt in Baasem war offen und wir konnten sie uns ansehen. Wie im Führer beschrieben, gibt es das Fenster gleich gegenüber dem Eingang mit Stab, Tasche und Schuhen. Auch wenn die Kirche relativ neue Fenster hat wirkt sie sehr harmonisch.

Um in das Kircheninnere zu steigen geht man erst einmal einige Stufen innerhalb der Kirche nach unten. Warum das so ist, ist mir nicht klar, ich fand es allerdings bemerkenswert und es gibt dem Gotteshaus für mich etwas besonderes.

Untergekommen sind wir im Hotel. Es sieht von außen nicht sehr fein aus, aber die Zimmer sind gut und das Essen einfach lecker.

 

Für heute abend haben wir zu dritt eine Ferienwohnung gemietet.

Den Tag über werde ich aber trotzdem allein gehen.

Das gefällt mir besser. Langsam finde ich meinen eigenen Rhythmus und die anderen beiden haben sich viel zu erzählen.

Heute sind es vierundzwanzig Kilometer. Gestern habe ich die einhundert Kilometer Grenze überschritten.

Ich bekomme Routine in den Vorbereitungen und das Übernachtungsverzeichnis von Fernwege.de leistet mir gute Dienste. Am Abend vorher das Zimmer zu buchen bringt ein wenig Sicherheit und keine zusätzlichen Laufkilometer am Zielort.

Inzwischen habe ich fast die Hälfte des Weges hinter mir und bin ganz schön müde. Der erste Teil heute führte fast zwei Stunden lang nur bergan auf den Höhenrücken der Schneifel. Belohnt für den steilen Anstieg wird man dann mit dem Schneifelhöhenweg, der parallel zur K108 auf einem unbefestigten Waldweg über Kilometer hinweg durch den Wald führt. Es ist herrlich darauf zu gehen und so habe ich erst, als ich am Forsthaus bin, ausgiebig Rast gemacht.

Hier auf dem Rastplatz gibt es Tische und Bänke und ich kann die Schuhe ausziehen und die Beine hoch legen.

So langsam kommt auch die Sonne wieder raus. Den ganzen Morgen ist mir schon kalt. Durch das Schwitzen unter dem Rucksack verliert der Körper sehr viel Wärme. Vor allen Dingen, wenn dann auch noch der kalte Eifelwind weht.

Es war gut, dass ich den Wasserbeutel im Hotel aus dem Wasserhahn gefüllt habe.

In Kronenburgerhütte gibt es keinen Geldautomaten und vor allen Dingen auch keinen Laden. Es ist das beste, sich noch in Blankenheim mit Bargeld zu versorgen. Zum Glück hatte ich noch eine stille Reserve dabei.

 

Prüm - Waxweiler 12.06.05    7. Tag

 

Habe mir gestern abend mit den beiden anderen ein Bad geteilt. Das ging ganz gut. Allerdings hatte ich mir unter einer Ferienwohnung etwas mit Kochgelegenheit u.s.w. vorgestellt. Das war es jetzt eher nicht und mir auch eigentlich egal.

 

 

In der Basilika hat uns gestern eine nette Frau den Stempel in den Pilgerpass gedrückt und uns auch eine Postkarte der Basilika mit dem Stempel geschenkt. Sie hat uns gleich als Pilger erkannt und sprach uns an. Einfach klasse, das Pfarramt hatte nämlich schon zu.

Inzwischen hat sich alles was ich machen muß eingespielt. Nach dem Weg suchen, eine Unterkunft für die Nacht raus suchen, am Abend Zimmer beziehen, dann Duschen und Wäsche waschen, Essen und ein kleines Bierchen trinken und früh ins Bett. Habe bemerkt, dass in den meisten Pensionen und Hotels auch im Sommer die Heizung funktioniert und damit die Wäsche über Nacht schnell trocknet, dass erspart mir das Auslegen der Wäsche unterwegs.

 

In Prüm konnten wir erst um 17.30 Uhr in das Hotel. Also bin ich noch mal in die Basilika. Dort fand gerade eine Probe für ein Konzert am Sonntag statt. Es war wunderschön und die Basilika hat eine hervorragende Akustik. Auffällig war, wieviel Spaß die Sänger und das Orchester bei der Probe hatten. Selbst wenn etwas nicht gleich klappte, wurde das mit Gelächter aufgenommen und weiter geprobt. Die Stücke, die geübt wurden, waren mir vertraut. Leider bin ich in der klassischen Musik wenig bewandert und weiß bis heute nicht, was ich da gehört habe. Aber an diesem Abend habe ich noch lange vor mich hin gesummt.

 

Heute habe ich ständig das Gefühl langsam zu sein.

Dabei stimmt das gar nicht. Es ist kurz nach 13 Uhr und ich bin kurz vor Nimsreuland. Habe also schon zwei Drittel geschafft. Vielleicht denke ich einfach, dass ich genauso schnell sein muß wie die zwei Männer vor mir. Aber ich habe Zeit.

Vor einer Stunde wollte ich wieder meine Hosenbeine an meine „Zipphose“ anbringen. Dabei habe ich einen Reißverschluß zerstört. So kann ich heute abend Gewicht reduzieren und die Hosenbeine wegschmeißen. Das reparieren lohnt nicht. Es ist eine billige Hose vom Discounter. Na ja, ich sollte vielleicht mal eine teurere kaufen, die halten dann hoffentlich besser durch.

Als ich Rast gemacht habe, hatte ich Glück und sah die Zecke auf meiner Hand, bevor sie mich beißen konnte. Ich werde heute abend beim Duschen mal kucken müssen.

Hoffentlich trage ich noch keine Untermieter mit mir herum.

 

 

Ich war gestern nicht langsam, sondern wie jeden Tag mit 24 km um 16 Uhr am Ziel. Unterwegs habe ich mich einige Male unterhalten. Wegen der am Rucksack befestigten Muschel werde ich auch auf den Jakobsweg angesprochen. Ein Ehepaar hat mir eine Handvoll Kirschen geschenkt und ein Mann mit zwei Pferden hat mir den Weg gezeigt. Diesen habe ich auch fotografiert, da er einen Norweger dabei hatte. Genauso einen hatte ich auch mal und alte Erinnerungen kamen hoch. Damals habe ich Wanderritte gemacht. Es war eine schöne Zeit und ich möchte sie nicht missen.

Heute ist mir mein Motorrad lieber, weil es weniger Zeit in Anspruch nimmt und ich nicht jeden Tag in den Stall muß.

Die Strecke ist mehr schlecht als recht ausgeschildert und ich mußte wieder den Kompaß benutzen.

In Schönecken habe ich mir den Aufgang zur Burg gespart. Als ich die vielen Treppen nach oben gesehen habe, war es mir die Arbeit nicht wehrt.

Auch wenn ich das Jakobsrelief in der Burgkapelle gern gesehen hätte.

Die Strecke ist anspruchsvoll, aber nicht so heftig wie gestern. Es gibt weniger Steigungen.

Die Schönecker Schweiz ist wunderschön und ich gehe stundenlang auf den gut ausgebauten Waldwegen.

Gleich morgens war der steile Anstieg oberhalb Prüm eher ein Trampelpfad im hohen Gras. Ich war froh meine Gore-Tex Schuhe und die wasserabweisende Hose zu haben.

Kurz vor Waxweiler ging es dann wirklich steil den Berg hinab. Da es trocken war konnte ich den Weg gehen. Wenn es aber geregnet hat, würde ich aus Sicherheitsgründen lieber die gleichfalls nach Waxweiler führende Straße nehmen.

Kurz vor Waxweiler komme ich an der Mariensäule vorbei. Maria hält segnend die Hände über den Ort und das Prümtal. Ich hatte mir die Säule nicht so hoch vorgestellt und betrachte sie erst mal mit in den Nacken gelegtem Kopf. An der Säule sind viele Tafeln angebracht. Diese bezeugen den Dank für erfüllte Bitten.

Schade ist, dass nicht verzeichnet ist, wobei sie geholfen hat. Aber das geht eigentlich auch nur den einzelnen Bittsteller etwas an.

Gut gelöst ist in Waxweiler die Verteilung der Pilgerstempel. Einige Gasthöfe und das Haus des Gastes haben Stempel auf Aufklebern. Diese kann man sich dann ich den Pilgerpass kleben. Das ist sehr praktisch, da das Pfarramt nicht immer geöffnet hat.

Als ich im Dorf ankam, bin ich gleich in die erste Gaststätte und habe mir eine Apfelschorle bestellt. Ich hatte einen solchen Durst auf etwas kaltes. Obwohl die Küche noch geschlossen hatte, bekam ich dann auch noch ein Käsebrötchen. Das beste Käsebrötchen meines Lebens.

 

Waxweiler – Mettendorf d. 13.06.06     8. Tag

 

Heute bin ich müde. Es geht auch wieder ewig rauf und runter. Dazu ein heftiger Wind und trotz der Funktionskleidung schwanke ich ständig zwischen frieren und schwitzen.

In Krautscheid stimmt die Ausschilderung nicht und ich verlaufe mich zwei mal.

Oben an der Straße hätte ich schon nach rechts abbiegen müssen, die Beschilderung sagt aber am zweiten Weg abbiegen und dann rechts.

Genauso ergeht es mir an der Kapelle. Hier muß ich rechts vorbei. Die Beschilderung fehlt und erst nach 200 Metern merke ich meinen Irrtum und muß den Weg wieder hinauf.

In der Valentinuskapelle ruhe ich mich ein wenig aus und bin endlich vor dem schneidenden Wind geschützt. Der heilige Valentinus wird vor allem als Helfer vor der Fallsucht, der heutigen Epilepsie und gegen Viehseuchen angerufen.

Die Kapelle stammt aus dem 18 Jh. und kommt mir als ein Zufluchtsort vor, der vor allem Geborgenheit ausstrahlt. Ich mag diese kleinen Kapellen. Sie sind so ruhig und ich habe das Gefühl, dass mir in ihnen so gar nichts geschehen kann.

Richtung Bornhof komme ich an der Auto-Cross Strecke vorbei. Ich war schon ganz gespannt gewesen. So klein hatte ich mir sie aber dann doch nicht vorgestellt. Trotzdem wären ein paar Runden auf meiner Enduro bestimmt klasse gewesen.

Da meine Suzuki aber Zuhause auf mich wartet, nehme ich meinen Rucksack und noch einen Schluck aus dem Trinkschlauch und wandere über den Walbach in Richtung Ammeldingen.

Ich denke darüber nach, dass einige Wanderwege auch zum Endurofahren einladen. Natürlich würde ich das nie tun, aber träumen bleibt erlaubt.

Es ist zwölf Uhr und ich sitzt hinter Windhausen „auf der Höh“ ca. 535 Meter über NN. Jetzt geht’s runter nach Ammeldingen und das auf befestigten Teerstraßen. Ich hätte nicht gedacht, dass der Unterschied von Teer zu unbefestigten Waldwegen so groß ist. Auf der Teerstraße brennen mir inzwischen sofort die Füße.

Die Strecke ist kaum noch ausgeschildert. Das wird von Tag zu Tag schlimmer. In Bellscheid hat mir eine alte Frau nachgerufen, dass ich in die falsche Richtung gehe. In Krautscheid hat mir der Wirt der örtlichen Gaststätte weitergeholfen. Er hatte auch gleich eine Abkürzung parat. Ich wollte allerdings den ganzen Weg gehen. Über die Straße abkürzen geht zwar schneller, ist aber nicht unbedingt schöner. Später am Tag habe ich über mich selbst dann den Kopf geschüttelt. Die Strecke war knallhart wegen der ständigen Auf- und Abstiege.

In Ammeldingen gibt es eine wunderschöne Kirche. Leider ist sie im Führer nicht verzeichnet. Aber allein dafür hat sich der Weg gelohnt.

St. Isidor, dieser ist auf der rechten Seite mit Hut und Pilgerstab dargestellt. Ich dachte zuerst, dass es eine Darstellung des Jakobus währe. Allerdings konnte die supernette Frau Mayer aus dem kleinen Laden im Ort mir etwas mehr erzählen.

Der Laden sieht wirklich noch so aus wie der in meiner Kindheit in meinem Heimatort Westeraccum in Ostfriesland. In ihm scheint es alles zu geben und auch ich habe dort nach dem Abstempeln des Pilgerpasses (nun habe ich einen Stempel des Lädchens in meinem Pass) meinen Proviant aufgefüllt.

Es ist einer der wenigen Einkaufsmöglichkeiten auf dem Weg und man sollte das nutzen.

Nicht zuletzt um solche Läden zu unterstützen. Es gibt viel zu wenige davon.

Hinter Ammeldingen geht es dann steil den Berg hinunter und dann vorsichtig durch ein herrliches Waldstück nach Plascheid hinein.

Vorsicht, an der Kreuzung gleich wieder rechts und auf dem Wanderweg N bleiben.

Die Beschilderung ist wieder schlecht zu erkennen auch weil sie sich auf der anderen Straßenseite befindet.

Kurz nach Plascheid begegnet mir wieder ein Fuchs. Schon der dritte auf dieser Reise.

Kurz vor Neuerburg werde ich von einem Mann angesprochen. Dieser stellt sich als derjenige heraus der für die Strecke Waxweiler - Neuerburg die Beschilderung des Jakobsweges aufhängt.

Natürlich berichte ich ihm, dass ich nur sehr wenige Schilder des Jakobsweges seit Waxweiler gesehen habe und mich eher an den anderen Wanderweg-Beschilderungen orientiere. Ebenso erzähle ich ihm, dass in Krautscheid die Beschilderung einfach falsch ist. Er wundert sich nicht wenig, da der Weg im letzten Jahr neu beschildert wurde.

Gemeinsam kamen wir zu dem Schluß, dass wohl einige der Wanderer die Jakobsschilder gern als Andenken mit nach Hause nehmen. Traurig aber wahr, die Füchse werden die Schilder wohl nicht von den Bäumen stibitzen.

In Neuerburg habe ich Glück und treffe den Küster an der Kirche an. Er gibt mir meinen Stempel in den Pilgerpass und ich ziehe weiter. Nicht ohne mir in der örtlichen Apotheke noch ein Päckchen Blasenpflaster zugelegt zu haben.

Im inneren Südportal von St. Nikolaus ist ein Mann zu sehen, der – wie es auf den ersten Blick erscheint- die Hände über den Kopf zusammenschlägt. Hierbei handelt es sich um den hl. Quintius, dem als Martyrium die Hände an den Kopf genagelt wurden. Das erinnert mich doch stark an jemanden, der seine Haut über dem Arm trägt und mich überkommt wirklich ein Gruseln.

Von St. Nikolaus muss ich allerdings wieder durch ganz Neuerburg ziehen um auf der anderen Stadtseite zur Kreuzkapelle hoch zu laufen.

Diese Steigung hat es wirklich in sich und ich habe einige Male angehalten um zu verschnaufen.

„In die Sterne kucken“ nenne ich das, wenn ich mit meinem Freund Olaf unterwegs bin, um ihn zum Anhalten zu bewegen, was mir meistens nicht viel nutzt aber immer ein liebes Lächeln einbringt.

Oben angekommen ist die Figurengruppe „ Jesus wird zu Grabe getragen“ zu sehen. Die Gesichter sehen lebendig aus. Dass die Figuren fast so groß wie lebende Menschen sind, verstärkt den Eindruck noch. Ich betrachte sie lange und mache mich dann auf die Suche nach dem Weg.

Ausgeschildert ist nichts und im Führer steht, dass ich weiter dem Wanderweg 15 folgen muss.

Ausgeschildert sind 12 und 10.

Also nehme ich den Rucksack wieder runter und zücke den Kompass. Wie gut, dass ich ihn eingesteckt habe.

Laut Kompaß folge ich also erst mal dem Zehner und stoße nach einigen hundert Metern auf die Verbindung zur fünfzehn. Es kann alles so einfach sein.

Einige Meter weiter hängt auch die Jakobsmuschel.

Auf einer Bank mache ich Rast und ziehe die lange Hose aus und den Rest der Zipphose an. Es ist warm geworden.

Der Weg führt ab jetzt fast nur noch abwärts.

In Sispelt bleibe ich an der Autostraße und gehe nicht an die Enz hinunter.

Das stellt sich sofort als Fehler heraus. Ein Autofahrer rast auf mich zu, bremst kurz ab und zeigt mir einen Vogel. Andere fahren ganz knapp an mir vorbei, obwohl ich bei Gegenverkehr schon in`s Grüne springe.

Nur der bald neben der Straße verlaufende Trampelpfad rettet mich vor dem Überfahrenwerden.

Fußgänger sind auf solchen Straßen wirklich nicht mehr sicher.

Der Weg bis zum Hotel in Mettendorf zieht sich dann wie Kaugummi und zwischendurch frage ich eine ältere Frau nach dem Weg.

Diese bietet sofort an mich in das Hotel zu fahren. Ich lehne freundlich dankend ab. Ein Auto wollte ich bis Trier nicht mehr benutzen.

Alles andere wäre für mich Pfuschen.

Sie versteht das, erklärt mir den Weg und wünscht mir alles gute.

Dann werde ich von einer jungen Frau auf meine Walking-Stöcke angesprochen und nach einer kurzen Plauderei und weiteren fünfhundert Metern bin ich spät Abends um neunzehn Uhr am Hotel.

 

Mettendorf – Bollendorf 14.06.05   9. Tag

 

Heute bin ich nur die erste Teilstrecke Mettendorf – Echternach bis Bollendorf gegangen.

Gestern Nacht haben meine Beine so sehr geschmerzt, dass ich kaum schlafen konnte. Also habe ich mir Selbst etwas Ruhe gegönnt.

Es sind aber immer noch mindestens 16 Kilometer zusammengekommen.

Los geht es in Mettendorf erst mal über die Straße und dann über Feldwege bis Nusbaum. Dort ist die Kirche dem Hl. Petrus gewidmet, der auch in einem Fenster am umgedrehten Kreuz dargestellt ist.

Erst im letzten Augenblick bemerke ich, dass die vermeintlichen Stoffe an den Wänden und hinter dem Altar nur gemalt sind.

Hinter Nusbaum geht es leider sehr lange entlang der Straße.

Bis ich endlich zum Ferschweiler Plateau komme.

Dort hat die im Führer beschriebene Ritterburg mich aber dann doch enttäuscht. Natürlich ist sie ganz verfallen und kaum noch zu sehen. Was habe ich mir nur gedacht? Zu sehen ist nur der Krater mit den Steinen drum herum.

Ein Kompliment an die Wissenschaftler und ihre Gehilfen, die aus diesen wenigen Spuren die Konstruktion einer Burg erkennen.

Der Waldweg ist geschottert und ich komme gut voran.

Die Walkingstöcke helfen dabei ein gutes Tempo zu machen.

Überrascht bin ich doch von der Größe des Fraubillenkreuzes. Drei Meter ist es hoch und einer der wenigen in der Region existierenden Menhire (keltisch= langer Stein) und damit eines der ältesten Zeugnisse menschlicher Besiedlung auf dem Ferschweiler Plateau.

Wahrscheinlich schon im zweiten oder dritten Jahrtausend vor Christus errichtet, dienten sie der Götterverehrung und dem Totenkult.

Der Stein wurde erst mit der Christianisierung als Kreuz umgestaltet. Was ich schade finde, von so manchen Dingen hätten die Christen wirklich die Finger lassen können. Aber so wurde wohl den damals sogenannten Ungläubigen der Übertritt in die neue Religion erleichtert, in dem man einfach die alten Bräuche und Stätten mit übernahm.

Das tollste hat sich die Strecke aber bis fast zum Schluß aufgehoben.

Das Bildcheslay.

Für mich etwas faszinierendes.

Auf einmal stehe ich auf dem Weg vor einer Treppe, die alt und sehr zerfurcht erscheint.

Ich gehe hinunter und finde mich in einem Märchenwald wieder. Es hat etwas Mystisches durch diesen Wald zu gehen. Links des Weges türmen sich Meter hohe Steine auf. Der Wald erscheint dunkel und der Boden ist feucht, wodurch das Laub naß und dunkel erscheint.

Der Wald ist ganz ruhig und es herrscht eine Stimmung, die mich an Hexen und Fehen zugleich denken läßt.

Welche Geschichten dieser Wald wohl zu erzählen hat?

Im Führer wird über Menhire, Fliehburgen, Wälle und Opfersteine berichtet.

Am Wegesrand befindet sich ein Schild mit der Aufschrift „Zufluchtshöhle aus dem dreißigjährigen Krieg“.

Ich klettere hinauf und nur der zu schmale Einstieg hindert mich daran hineinzugehen.

Am stärksten beeindruckt mich aber das Bildcheslay. Es ist eine aus dem Stein gehauene Kirche, in der eine Marienfigur eingelassen ist.

Ich setzte mich auf die Bank gegenüber und hänge einige Zeit meinen Gedanken nach und ruhe mich aus.

Wer mag hier im Mittelalter durch die Wälder gestreift sein? Wer hat sich im dreißigjährigen Krieg in der Höhle versteckt?

Laut Führer gibt das Besucherzentrum Teufelsschlucht bei Enzen zahlreiche Informationen rund um die Natur- und Kulturgeschichte der Region. Ich nehme mir fest vor dort einmal vorbeizuschauen.

Ich gehe weiter und bis zu einer bestimmten Stelle ist alles gut ausgeschildert. Dann habe ich den Überblick wohl ein wenig verloren und nach einigem hin und hergehen entscheide ich mich für den Weg der nach unten führt und steige nach Bollendorf ab.

Da ich wohl nicht den Wanderweg erwischt habe muß ich mitten durch einen Bauernhof. Der Bauer scheint das aber schon zu kennen und grüßt mich ganz freundlich. Ich hoffe nur, dass kein Hofhund mich für einen Eindringling hält.

Ich komme an der Villa Rustika vorbei, die ich eigentlich besichtigen wollte.

Ich bin aber zu müde für Kultur und laufe an dem 1907/1908 ausgegrabenen Herrenhaus eines römischen Gutshofes vorbei.

Auf der Suche nach einem Hotel komme ich am Pfarrheim vorbei und hole mir noch schnell einen Pilgerstempel ab.

Der größte Teil der Reise liegt hinter mir. Inzwischen habe ich 215 km geschafft. Bis Trier ist es nicht mehr weit. Schade.

 

Bollendorf – Echternach – Weschbillig 15.06.05 10. Tag

 

Heute morgen ging die Strecke nach Echternach zuerst auf der Deutschen und ab Weilerbach auf der Luxenburgischen Seite entlang der Sauer.

Der Nebel hing noch im Tal und zahlreiche Angler saßen auf ihren Hockern und versuchten ihr Glück.

Der Weg ist, bis auf ein kleines Stück auf Luxenburgischer Seite geteert und daher komme ich flott voran.

In Echternach habe ich mir nur den Stempel der Touristen-Information geben lassen. Ich wollte dafür nicht extra in das Pfarramt gehen. Auch wenn dieser Stempel sicher schöner ist.

Leider habe ich nicht genug Zeit um mir Echternach richtig anzusehen. Schließlich ist dies die älteste Stadt Luxenburgs.

Aber es liegen noch ca. 15 Km Wegstrecke vor mir.

Also habe ich mir nur noch die Abtei mit dem Grab des heiligen Willibrord angesehen und eine Kerze vor dem Marienbild angezündet und dabei an all die lieben Menschen gedacht, die ich kenne.

In der Abtei sprach mich eine Frau an, die Anhand der Jakobsmuschel erkannt hat, dass ich auf dem Jakobsweg gehe.

Leider war die Verständigung schwierig da sie nur wenig Deutsch und ich nur wenig Englisch und gar kein Spanisch spreche. Trotzdem höre ich heraus, dass sie mit ihrem Mann im letzten Jahr von den Niederlanden aus in fünf Monaten nach Santiago gepilgert ist.

Ich hätte mich gern länger mit ihr unterhalten und habe so viele Fragen. Es scheitert an der Sprachbarriere.

Das merke ich mir und beschließe endlich einen Englischkurs zu besuchen.

Nach einem dicken Eisbecher bin ich dann Richtung Sauerbrücke und Deutschland aufgebrochen.

Auf deutscher Seite gab es eine Baustelle, die die komplette Straßenseite einnimmt.

Ich habe keine Lust mich durch Büsche und hohe Gräser zu kämpfen. Also gehe ich mitten durch die Baustelle durch und die Bauarbeiter fanden das wohl auch nicht weiter verwunderlich. Von der Sicherheit her war das natürlich nicht das Wahre und ich fühle mich schon ein wenig komisch als eine schwere Last über meinen Kopf schwebt und neben mir auf den Boden aufsetzt.

Mein Freund Olaf ist Sicherheitsbeauftragter und hätte sicher vor Entsetzen mit dem Kopf geschüttelt.

In der Baustelle geht es links den Berg hinauf und an den ehemaligen Weinbergen vorbei.

Auf diesem Weg lag dann auch die Schlange, fast wäre ich drauf getreten.

Sie ist hellbraun und bewegt sich erst mal nicht. Natürlich habe ich sie ausgiebig fotografiert und nach einiger Zeit hat sie sich dann züngelnderweise langsam in die Hecke verkrochen. Verwunderlich war nur warum sie so langsam war und überhaupt kein Interesse dafür zeigte, dass da so ein großes Ungetüm vor ihr steht.

Hinter Minden geht es dann eigentlich nur noch bergauf über einen Höhenrücken mit Kornfeldern. Auf einer asphaltierten Strecke, die mir durch den heißen Tag wie ein Backofen vorkommt. Jetzt lerne ich meinen Hut schätzen. Ohne Kopfbedeckung wäre es jetzt schlimm geworden.

Nach der B51 geht es dann nach Weschbillig hinein. Der Ort ist klein, bietet aber einen kleinen Edeka-Markt.

Untergekommen bin ich in der Gaststätte Julius mit angelehnter Metzgerei und mit nettem Gastwirt und seinem unvergleichlichen Obstbrand.

 

Welschbillig – Trier – Köln/Widdersdorf 17.06.05 11. Tag

 

Jetzt sitze ich im Zug nach Köln und mir geht es, mal abgesehen von den brennenden Füßen supergut. Ein bißchen traurig bin ich, weil ich nicht weitergehen kann. Aber im nächsten Jahr werde ich meinen Weg fortsetzen.

Auf dem Weg nach Trier gab es noch mal ein paar heftig lange Anstiege und fast alles auf Asphalt. Wie schön war es den Weg in der Schneifel zu gehen.

Am letzten Tag habe ich jetzt auch gemerkt, dass die Muschel auf den Weggabelungen doch eine Richtung vorgibt. Dort wo die Strahlen hingehen, dort ist auch der weitere Weg. Ich hatte das schon einmal in einem Internetforum gelesen, es aber wieder vergessen. Ich greife mir innerlich an den Kopf und denke mir meinen Teil über mich selbst. Mit dieser späten Erkenntnis habe ich dann den Weg nach Trier aber sehr gut gefunden.

Außer den T6 Fußpfad in das Biewerbachtal. Hier hatte ich das Glück der Tüchtigen und ein bißchen ein gutes Näschen für die Richtung. Dieser Teil war am Anfang überhaupt nicht ausgeschildert. Dafür hat es der Fußweg in sich. Er geht über raschelndes Laub steil in Kehren nach unten. Aber endlich kein Asphalt mehr.

Am Jakobsbrunnen in Biewer habe ich dann eine alte Frau getroffen. Sie sah so aus, als wenn sie einfach auf diese Bank gehört. Die Unterhaltung war ein wenig einseitig da sie mich fünfmal immer wieder das gleiche fragte und ich ihr immer wieder die selbe Antwort gab. Trotzdem fand ich das ganze sehr nett und der Hinweis auf die Richtung, in die der Jakobsweg weitergeht war richtig.

Nach ein paar Metern kam ich dann auch an einer halb abgerissenen Muschel vorbei.

Nach der Kirche St. Jakobus, die leider geschlossen ist, geht es durch die Eisenbahnunterführung auf den Moselweg Richtung Trier.

Der zieht sich ewig und ist, weil sich auf der anderen Seite Industrie und Fastfoodketten befinden, nicht wirklich schön.

Ich weiß, dass ich bald in Trier bin und so nehme ich mir Zeit und trödel ein wenig vor mich hin. Eigentlich will ich noch nicht so wirklich ankommen und setze mich erst mal auf eine Bank.

Später bin ich doch froh endlich die Brücke über die Mosel zu betreten und

bin dann einfach völlig platt und überwältigt von dem Lärm und dem Gestank, der dort herrscht.

Lastwagen, Autos und Dreck.

Das war ich in den letzten zehn Tagen nicht mehr gewohnt und erinnert mich doch sehr an den Anfang meiner Reise in Köln.

Also, ab durch die Stadt zum Dom.

Dort in der Nähe ist die Dominformation mit dem Pilgerbüro. So etwas hat noch nicht mal Köln.

Ich muß ganz schön geschafft aussehen. Sofort wird mir ein Glas Wasser und ein Stuhl angeboten. Dabei fühle ich mich großartig. Ich habe meinen Weg geschafft.

In einem Laden kaufe ich ein par historische Postkarten und schreibe meinen Freunden und unter anderem auch an mich selbst. Ich bin glücklich und bestimmt gerade fünf Zentimeter gewachsen. Der Stolz und die Freude kommen mir schier aus den Ohren raus.

Übrigens gibt es die Kachel mit der Pilgermuschel auch dort zu kaufen und ich finde fünf Euro nicht zu viel. Also braucht man sie nicht von den Bäumen zu schütteln.

Zu guter Letzt habe ich mir den Dom angesehen und dort ist mir etwas merkwürdiges aufgefallen.

Ich habe meine Stöcke im Pilgerbüro vergessen. Das ist mir auf dem ganzen Weg nicht passiert. Ich bin also wirklich angekommen.